Die Tiere, deren Auswahl, Haltung und Vorbereitung auf die Tiergestützte Arbeit

Die Tiere sind das Kernstück und die Seele der tiergestützten Arbeit. Aus dem Verantwortungsbewusstsein sowohl den KlientInnen als auch den Tieren gegenüber, ist mir besonders wichtig, dass die Tiere tiergerecht gehalten und gut auf ihre Aufgabe vorbereitet werden. Es kommen ausschließlich positive Verstärker infrage, so ist mir ein liebevoller und geduldiger Umgang mit den Tieren eine Herzensangelegenheit, damit sich diese bei der Arbeit wohlfühlen und auch selbst Nutzen davon tragen. Das bedeutet, dass die Tiere auf freundliche Art und Weise motiviert werden Neues zu lernen und mit Streicheleinheiten und positiver Zuwendung, entsprechend der Arteigenen Bedürfnisse, je nach Tierrasse auch mit Futter, belohnt werden, wenn sie etwas gut machen.

Wenn man hört, dass die Tiere etwas erlernen sollen, glaubt man, dass hier nur die Tiere zu lernen haben. So ist es aber nicht, denn ist in erster Linie ist es vor allem auch der Mensch der immer hinzu zu lernen hat. So erfordert der Umgang mit Tieren viel Fachkompetenz und ist somit eine fortlaufende Erweiterung des eigenen Wissensstandes. Um (Nutz)tiere für die tiergestützte Arbeit gut einbinden zu können, muss man seine Tiere kennen, deren Körpersprache lesen und vor allem Stresssignale deuten können. Sie müssen gut Sozialisiert sein (Gewöhnung an Sozialpartner) und auch die Habituation (Gewöhnung an die unbelebte Umwelt/ Gegenstände welche in der natürlichen Umwelt des Tieres normaler Weiße nicht existieren) sollte praktiziert werden. Man muss wissen, wann der richtige Zeitpunkt ist, das Tier zu belohnen, wie seine Ruhezeiten sowie das Komfortverhalten sind, Krankheitsanzeichen sollten erkannt werden und vieles mehr. Vieles ergibt sich sich dabei aber auch durch den regelmäßigen Kontakt, aus der Situation heraus und im Laufe der Beziehungsgestaltung mit dem jeweiligen Tier. Unabdingbar für einen angemessenen Tierkontakt ist, dass die Tiere sich in und neben dem direkten Menschenkontakt wohl fühlen, wobei auch eine tiergerechte Haltung oberste Priorität hat.

Tiegerechte Haltung

Eine tiergerechte Tierhaltung bedeutet auf jedenfall:

  • keine Einzelhaltung
  • Kontakt mit Artgenossen
  • den Tieren Ressourcen bereitstellen damit sie ihr arteigenes Verhalten wie Nahrungsaufnahme-, Bewegungs-, Sozial- und Ruheverhalten ausleben können (sich auch im Menschenkontakt zurückziehen können)

Alle am Hof lebenden Tiere werden tiergerecht und tierschutzrechtlich nach §11 gehalten, genießen ausreichend Platz und Bewegungsmöglichkeit im Stall, Kontakt zu Artgenossen, nach eigenem Ermessen Auslauf und frische Luft, immer mit der Möglichkeit sich gezielt zurück zu ziehen. Meine Tiere sind, soweit es notwendig ist, geimpft und werden nur gesund eingesetzt, was für den Einsatz von Nutztieren für pädagogisch-therapeutische Zwecke unabdingbar ist, denn nur zufriedene und gesunde Tiere sind auch in der Lage, dem Menschen zu helfen. Zudem kommen, zumindest für den Nahkontakt nur ruhige, stressresistente und gut sozialisierte Tiere zum Einsatz, um die höchstmögliche Sicherheit zu garantieren.

Die Auswahl der Tiere

Prinzipiell kann man mit allen landwirtschaftlichen Nutztieren wie Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen, Eseln, Pferden, Hühnern, Enten, Lamas, Kaninchen tiergestützt arbeiten.Wichtig ist die sorgfältige Auswahl bezüglich Gesundheit und guter Charaktereigenschaften. Die Tiere sind robust, Kontakt mit Menschen ist für sie stressfrei und sie reagieren auf KlientInnen nicht aggressiv (es bleibt jedoch immer ein Tier und ist niemals voll berechenbar !)

„Ein Therapie-Tier ist nicht einfach ein Werkzeug, um Menschen gesünder oder glücklicher zu machen.“

Handbook on Animal-Assisted Therapy

Mein aktueller Tierbestand

Pferde und Esel:

  Pony „Lena“

Esel „Sammy“

Esel „Egon“

 

Ziegen z.B „Liselotte“ (Lotte), „Mathilda“ und „Luise“ oder auch das Zicklein „Pünktchen“

Schafe „Napoleon“, „Melli“ und „Regenbogen“

„Wolke“ und „Flocke“

Lucky

Möglichkeiten der Tiergestützten Arbeit mit diesen Tieren

Sinneswahrnehmung durch streicheln/ striegeln, Führarbeiten und Spiele mit den Tieren (Arbeit an Selbstbewusstsein und Auftreten, Mobilisierung), Kommandos geben (Selbstwirksamkeit, Auftreten, Sprechen), Spazieren gehen: In Kontakt treten mit Dritten, Ausmisten des Stalls (Arbeitstherapie, Mobilisierung, etc.)

Katzen „Ida“ und „Finchen“.

 

  Weiterhin

Kaninchen und Hühner

Möglichkeiten der Tiergestützten Arbeit mit diesen Tieren:

Beobachten des Sozialverhaltens und der Sprache, körperliche Mobilisierung (z.B. Futter zubereiten), Förderung von Sinneswahrnehmung (z.B. streicheln, Picken aus der Hand), mentales Training (Namen rufen), Verarbeitung der Hühnereier, Ruhe bewahren bei Kontaktaufnahme – Förderung der Grob- und Feinmotorik

 

Wie können die Tiere eingesetzt werden ?!

 

Nicht jedes Tier ist für jeden Klienten geeignet oder unter unter Umständen auch nur nicht zu jedem Zeitpunkt. Es gibt Tiere, welche den intensiven Mensch- Tier Kontakt geniesen und diesen suchen. Der kleine Widder „Max“ lehnt sich voll Hingabe an die Seniorin Gertrud, er lässt sich längere Zeit streicheln, bleibt dabei ruhig und lässt sie in alten Erinnerungen schwelgen. Auch Sebastian, ein Junge mit schwerstmehrfacher Behinderung genießt die taktile Erfahrung, das „begreifen“, aber auch die Körperwärme und Geborgenheit, welche das Schaf Max ihm gibt. Und das kleine Mädchen Lena genießt den Nahkontakt des jungen Ziegen Kitz.

 

 

Es gibt aber auch Tiere welche gerade diesen Nahkontakt nicht oder nicht immer für sich in Anspruch nehmen möchten. Diese sind zum Beispiel für KlientInnen mit Störungen im Sozialverhalten, welche beispielsweise distanzloses bzw. grenzüberschreitendes Verhalten zeigen, besonders hilfsam. Diese Tiere spiegeln den KlientInnen, ihr Fehlverhalten wieder und zeigen häufig durch Flucht oder Verweigerung dass sie das gezeigte Verhalten nicht aktzeptieren.
Justin ist Patient einer Kinder- und Jugendpsychiatrie. Er reagiert auf Anweisungen von Erwachsenen meist widersätzlich und aggressiv. Als er den Esel „Sammy“ aufhalftern möchte und der Esel immer wieder reisaus nimmt, beschwert er sich bei mir: „Der macht nicht was ich von ihm will, der hört nicht auf mich und läuft weg..der ist voll doof..“ Daraufhin gebe ich Justin zu bedenken, wie sich wohl seine Betreuer oder Lehrer häufig fühlen…. Sammy hat Justin somit seine Verhaltensweise bewusst gemacht.

 Es gibt Situationen, in welchen man die verschiedensten Tiere „nur“ beobachten kann. Vieleicht haben sie gerade das Bedürfnis nach Ruhe, oder sind geflüchtet weil sie eine Situation dazu veleitete. Vor allem Muttertiere mit ihren Jungentieren können sich durch direkten Kontakt gestört fühlen, könnten dann sogar aggressiv reagieren. Beobachten macht jedoch in vielerlei Hinsicht Sinn. Es kann zum Beispiel entspannend sein, den Tieren beim fressen oder Wiederkäuen zuzusehen oder auch die Geräusche dabei gezielt warzunehmen. Man lernt sehr viele Artspeziefische Verhaltensweisen. Auch  bietet die Beobachtung der Mutter-Kind-Beziehung die Möglichkeit eigene persönliche Erfahrungen diesbezüglich zu reflektieren. Die fürsorgliche Art der Muttertiere zu ihren Jungen deckt vieleicht eigene Defiziete der eigenen Kindheit auf, ist somit ein „Türöffner“ um daran anknüpfend dieses Thema entsprechend aufzuarbeiten.